Wie können Schulen sicherstellen, dass alle Schülerinnen und Schüler am Unterricht teilnehmen und nicht durch wiederholte Fehlzeiten den Anschluss verlieren? Eine neue Studie von Professorin Christine Sälzer (Universität Stuttgart), Professor Heinrich Ricking (Universität Leipzig) und Professor Michael Feldhaus (Universität Oldenburg) zeigt, dass ein strukturiertes und standardisiertes Anwesenheitsmonitoring der Schlüssel zur Prävention von Schulabsentismus sein kann.
Das Forschungsteam analysierte, wie Schulen in Deutschland und anderen Ländern Fehlzeiten erfassen und welche Auswirkungen verschiedene Systeme haben. Dabei stellten sie fest, dass eine lückenlose Dokumentation die Grundlage für frühzeitige Hilfsmaßnahmen bildet. Fehlt ein solches System, erkennen Schulen oft zu spät, wenn Schülerinnen und Schüler regelmäßig dem Unterricht fernbleiben.
Besonders problematisch ist die Situation in Deutschland: Hier existiert kein einheitliches Verfahren zur Erfassung von Fehlzeiten, denn jedes Bundesland handhabt dies unterschiedlich. Während einige Länder auf digitale Lösungen setzen, verlassen sich andere nach wie vor auf manuelle, papierbasierte Aufzeichnungen. Diese Uneinheitlichkeit erschwert es nicht nur, Schulabsentismus auf nationaler Ebene zu analysieren, sondern auch, gezielte Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Andere Länder zeigen, dass es auch anders geht. In den Niederlanden beispielsweise gibt es eine zentrale Datenbank, in der Fehlzeiten innerhalb weniger Tage erfasst werden. Dadurch können Schulen und Behörden schnell reagieren und betroffene Schülerinnen und Schüler unterstützen, bevor sich das Problem verschärft. Die Studie plädiert daher dafür, in Deutschland ein ähnliches System einzuführen, um eine effiziente und frühzeitige Intervention zu ermöglichen.
Ein weiterer zentraler Punkt der Untersuchung ist, dass das Monitoring nicht als Kontrollinstrument missverstanden werden sollte. Vielmehr geht es darum, durch gezielte Unterstützungslösungen wie Beratung, Nachhilfe oder Zusammenarbeit mit Eltern langfristig die Schulpräsenz zu erhöhen. Schulen, die eine offene und unterstützende Haltung einnehmen, schaffen eine Umgebung, in der sich die Lernenden wohlfühlen und eher bereit sind, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen.
Die Forscherinnen und Forscher kommen zu dem Schluss, dass ein modernes, digitales Anwesenheitsmonitoring für Deutschland unverzichtbar ist, um Schulabsentismus nachhaltig zu reduzieren. Einheitliche Standards und eine zentrale Erfassung würden nicht nur den Schulalltag erleichtern, sondern auch langfristig dazu beitragen, dass mehr Schülerinnen und Schüler erfolgreich ihren Abschluss erreichen. Die Studie macht deutlich: Wer Fehlzeiten effektiv bekämpfen will, muss sie zuerst systematisch erfassen.
Sälzer C., Ricking H., Feldhaus M. “Addressing School Absenteeism Through Monitoring: A Review of Evidence-Based Educational Policies and Practices.” Education Sciences, 2024.